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RECHTLICHES

Das System, das uns auf den Abgrund zurasen lässt, versucht sich selbst zu erhalten und unseren Protest zu unterdrücken. Die Repressionen, die auf uns zukommen, können hart werden und sehr belastend sein.

Wenn du Hilfe brauchst: wende dich an das Legal Team! ([email protected]

Wir helfen dir bei rechtlichen Fragen, bei Anträgen zur Kostenerstattung und können dich auch zum psychologischen Support vermitteln. 

Das Legal Team beantwortet gerne alle eure Fragen. In Fällen, in denen eine Verteidigung durch eine*n Anwält*in nötig oder hilfreich ist, vermitteln wir dich gerne an solidarische Anwält*innen der Letzten Generation.

Du bist nicht allein!

Kontakt

Aktuell läuft der Kontakt ausschließlich per E-Mail.

Mit diesem Key könnt ihr verschlüsselt mit uns kommunizieren.

Du warst mit der Letzten Generation auf der Straße und hast Post von der Polizei oder einem Gericht bekommen?

Schicke uns einen Scan als PDF per E-Mail und stelle uns alle Fragen, die du dazu hast.

Du hast Kontakte zu solidarischen Anwält*innen, die gerne mit der Klimagerechtigkeitsbewegung zusammenarbeiten?

Wir freuen uns, wenn du uns Kontakte zu Anwält*innen vermittelst und wir sie mit dem Legal Team der Letzten Generation vernetzen können!

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Melde dich per Mail bei uns! Wir freuen uns über jede Hilfe!

Anti-Repression/Kosten

Was tun, wenn Repressionskosten auf mich zukommen? (für Anwält:innen, Strafen, Bußgelder etc.)

1.

Alles was Anwält:innen pro bono (kostenlos) machen: Yes!
Aber das ist natürlich auf Dauer und Masse nicht gut möglich. Strafen sind natürlich nicht inklusive.

2.

Antrag bei der Roten Hilfe stellen: Übernimmt in der Regel nur 50 % der Kosten für Anwält:innen und auch nicht immer. Aber fragen schadet nicht -> Anträge sind bei der jeweiligen Ortsgruppe der Roten Hilfe zu stellen. Das Legal Team kann hierbei helfen.

3.

(a) Den Rest selbst zahlen oder ganz selbst zahlen, wenn möglich.

(b) Antrag beim Umwelt-Treuhandfonds stellen (UTF). Die sind super motiviert, uns zu unterstützen, haben aber auch (noch) nicht unendlich Geldmittel. Sie übernehmen jedoch an sich Kosten für Anwält:innen und in Einzelfällen vielleicht auch Repressionskosten (Strafen/Bußgelder).

4.

Wenn all das nicht funktioniert und du aber nicht genug Geld hast, um zu zahlen und die Strafe nicht absitzen willst (mit medialer Begleitung), kannst du die Spenden AG kontaktieren ([email protected]) und gemeinsam mit der Spenden AG und der Media AG eine Spendenkampagne starten. Erfahrungen in der Vergangenheit haben gezeigt, dass durch Spenden-Kampagnen meistens sogar mehr Geld zusammen kam, als gebraucht wurde.

Legal Trainings und Materialien

Außerdem ist es wichtig, dass du gut vorbereitet auf die Straße und in Aktion gehst! Ziviler Ungehorsam ist das nötige Mittel, um den Staat und die Gesellschaft wachzurütteln, unsere Zukunft zu sichern, aber wir werden dafür kriminalisiert werden.

Also informiere dich auf jeden Fall im Basis-Training Rechtliches, damit du nicht nur weißt, was es für Konsequenzen hat, jetzt nicht zu handeln, sondern auch jetzt zu handeln.

FAQ und weiterführende Informationen

Hin und wieder wird auf Gesetze einzelner Länder eingegangen, insbesondere Berlin, Hessen und Hamburg, da hier besonders viele Aktionen der Letzten Generation stattgefunden haben oder stattfinden werden.

Wenn ihr die jeweiligen Infos zu einem anderen Bundesland haben wollt, könnt ihr einfach im Internet nach dem jeweiligen Gesetz suchen.

Polizeigesetz Berlin: ASOG Bln
Polizeigesetz Hessen: HSOG
Polizeigesetz Hamburg: SOG
Versammlungsgesetz Berlin: VersFG

FAQ Inhaltsverzeichnis

Vorwürfe

Hierzu gibt es ein ausführliches Gutachten, das genau beschreibt welche Rechtsverstöße in der Straßenblockade-Situation in Frage kommen. (Auch auf der website)

Welche Straftaten/Konsequenzen stehen überhaupt im Raum? (ohne Anspruch auf Vollständigkeit)

Strafrecht

  • hier steht bei Verursachung eines Staus die Nötigung im Raum (§ 240 StGB)
  • weitere Vorwürfe, die vorkommen könnten:
    • gefährliche Eingriffe in den Straßenverkehr (§315b StGB)
      • eine konkrete Gefährdung „Beinahe-Unfall“ ist notwendig -> wird durch die Planung der Aktion vermieden, kann aber nicht ausgeschlossen werden
    • Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte (§113 StGB)
    • Beleidigung (§185 StGB)
    • Nötigung von Verfassungsorganen (§105 StGB) (unwahrscheinlich – wird vielleicht von der Polizei genutzt, um mehr Befugnisse im Ermittlungsverfahren zu haben)

Ordnungswidrigkeiten

  • Leitung einer unangemeldeten Versammlung (§27 VersFG BE) (Versammlungsgesetze sind je Bundesland unterschiedlich)
    • Nicht von einer aufgelösten Versammlung entfernen (§ 29 I Nr. 2 VersG)
  • Owi nach § 49 I Nr. 24 StVO (lit. a Verstoß gegen Vorschriften für das Verhalten als zu Fuß Gehender nach § 25 I-IV, lit. b an Fußgängerüberwegen nach § 26)
    Zumindest im Hamburger Wegegesetz gibt es keine einschlägige OWi. Auch der Bußgeldkatalog des Bundes kennt nur die StVO https://www.bussgeld-info.de/bussgeldkatalog-fussgaenger/#die-strassenverkehrsordnung-fuer-fussgaenger
  • Teilnahme an aufgelöster Versammlung

Verwaltungsrecht

  • Platzverweis bedroht mit Zwangsgeld -> Bei Verstoß kann es ggf. zur Ingewahrsamnahme kommen und ggf. das Zwangsgeld verhängt werden. -> wenn dieses nicht gezahlt werden kann kann die Behörde bei Gericht eine Ersatzzwangshaft beantragen 
  • Die Polizei stellt Einsatzkosten (Räumung) in Rechnung

Zivilrecht

  • Schadensersatzklagen (deliktische Schadensersatzklagen) §823 BGB
    • Diese können besonders vorkommen, wenn Unternehmen gezielt blockiert werden

Was kann passieren, wenn ich in Aktion Fotos mache (nicht selbst blockiere)?

  • hängt davon ab, ob du einen Presseausweis hast.
    • Ja: solltest eigentlich fein raus sein, wenn du nicht mit-blockierst
  • Kann mir die bloße Anwesenheit auf der Straße zur Last gelegt werden?
    • könnte eine OWi nach StVG darstellen, diese sollte aber nicht verfolgt werden, wenn bereits Autofahrer auf der Fahrbahn rumlaufen
  • Es kann passieren, dass sie dir die Leitung der unangemeldeten Versammlung vorwerfen (werden sie aber nicht beweisen können)
  • Es kann vorkommen, dass sie dein Handy/Fotoapparat beschlagnahmen wollen, um die Fotos als Beweis zu sichern
    • Hier unbedingt widersprechen, damit du dich danach gegen die Beschlagnahme wehren kannst und sie richterlich geprüft werden muss.
  • Es kann sein, dass sie deine Personalien kontrollieren
    • Dann kann es vorkommen, dass auch du Anhörungsbögen von der Polizei bekommst, die suggerieren, du hättest genau wie die anderen eine Nötigung begangen. Das wird vor Gericht nicht haltbar sein, da du ja gar keine Autos am Weiterfahren gehindert hast.

Strafen und Konsequenzen

Straftaten im Beamtenstatus

  • bei Verurteilung ab 1 Jahr Freiheitsstrafe ist das Beamtenverhältnis vorbei
    • bei nicht vorbestraften und den beabsichtigten Taten (Straßenblockaden) ist eine so hohe Strafe eher unwahrscheinlich
  • darunter kommt es auf den Bezug zum Beamtenverhältnis an

Führungszeugnis

  • Wenn Menschen für Straftaten verurteilt werden, werden diese ins Bundeszentralregister eingetragen. Manche Behörden haben unter gewissen Voraussetzungen Einblick in einen Teil des Registers – zum Beispiel durch das Führungszeugnis.

    • Wenn ein Mensch zwei Straftaten (unabhängig voneinander) begeht, die unter 90 Tagessätze haben, kommt das dann auch ins Führungszeugnis?
      • Ja!
        • Auch wenn die Summe der beiden Strafen (z.B. 20 Tagessätze + 15 Tagessätze) unter den 90 Tagessätzen wäre taucht die Strafe im Führungszeugnis auf, wenn es schon eine Ein­tra­gung im Register gab.
        • Wenn du allerdings (so wie hier wahrscheinlich) mehrere Straftaten kurz nacheinander begehst, die dann in einem Verfahren zu einer Gesamtstrafe zusammengefasst werden (§54 StGB), dann ist das am Ende nur ein Eintrag im Register. Wenn du schon vor einiger Zeit (z.B. bei anderen Protesten oder Aktionen) für eine Straftat verurteilt wurdest, dann hast du schon einen Eintrag im Register und das führt dazu, dass die neue Strafe nun auch im Führungszeugnis auftaucht – einfach, weil es die Zweite ist.
        • Weitere Infos dazu: https://www.ferner-alsdorf.de/vorsicht-auch-strafe-unter-90-tagessaetzen-kann-im-fuehrungszeugnis-erscheinen/
        • Oder googlen;)
      • Wie lange sind die Eintragungen im Führungszeugnis?
        • Löschung nach 3 Jahren:
          • Verurteilungen wegen Geldstrafe oder Freiheitsstrafe von nicht mehr als 3 Monaten
          • Freiheitsstrafen von bis zu einem Jahr bei Strafaussetzung zur Bewährung (wenn die Bewährung nicht widerrufen und keine weiteren Eintragungen vorhanden sind)
          • Jugendstrafen bis zu einem Jahr
        • Löschung nach 5 Jahren:
          • bei allen übrigen Fällen, also Freiheitsstrafen über 1 Jahr oder Jugendstrafe über 2 Jahre ohne Bewährung (außer es gilt die 10 Jahresfrist, Löschung nach 10 Jahren). In den Fällen des § 34 Abs. 1 Nr. 2 und 3 (also 5- und 10 Jahres­frist) ist die Dauer der Freiheits­strafe hinzuzurechnen.

    Freiheitsstrafen oder Jugendstrafe von mehr als einem Jahr bei Verurteilungen wegen §§ 174 bis 180 oder 182 StGB (Sexualstraftaten)

Tagessätze

  • Worauf kommt es bei den Tagessätzen an?

    • Man kann von Nettoeinkommen geteilt durch 30 ausgehen. Wird aber auch häufig geschätzt.
      • 40 Absatz 2 StGB gibt zur Berechnung der Tagessätze Auskunft: „Die Höhe eines Tagessatzes bestimmt das Gericht unter Berücksichtigung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Täters. Dabei geht es in der Regel von dem Nettoeinkommen aus, das der Täter durchschnittlich an einem Tag hat oder haben könnte. 

    Ein Tagessatz wird auf mindestens einen und höchstens dreißigtausend Euro festgesetzt.“ 

    In Absatz 3 wird zudem erklärt, dass die Einkünfte des Täters, sein Vermögen und andere Grundlagen für die Bemessung eines Tagessatzes auch geschätzt werden können. Wie hoch letztlich ein Tagessatz ausfällt, hängt vom individuellen Einkommen ab. Dabei geht das Gericht vom jeweiligen Nettoeinkommen aus.

    • Zu einer Verurteilung zu Tagessätzen muss es aber auch erstmal kommen. Wahrscheinlich ist bei Ersttätern eine Einstellung gegen Geldauflage.
    • Wie hoch sind die Tagessätze bei Nötigung?
      • schwierig zu sagen. Einzelfallabhängig und Richterabhängig.

    1983 blockierte eine Gruppe Demonstrierender die Zufahrt eines Munitionslagers. Das Amtsgericht verurteilte die Angeklagten wegen gemeinschaftlicher Nötigung zu Geldstrafen von jeweils fünfzehn Tagessätzen.[1] Ein solch geringe Strafe hat eher Symbolcharakter. In einem anderen Fall wurde eine Autobahn blockiert; zusätzlich kam es zu einer gewalttätigen Auseinandersetzung mit der Polizei. Ein Angeklagter wurde wegen Nötigung in Tateinheit mit Landfriedensbruch zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und sieben Monaten verurteilt, der BGH bestätigte das Urteil.[2] Das lag wahrscheinlich an der Aggression gegenüber der Polizei, die von der Rechtsprechung regelmäßig mit harten Strafen geahndet wird.

    • Ist kündigen lassen hilfreich bei den Tagessätzen?
      • Vllt ja, sollte man aber nicht pauschal vor der ersten Aktion machen, sondern eher nach Absprache mit der strafverteidigenden Person bei drohender Verurteilung
    • Was hat das Vermögen für einen Einfluss auf die Tagessätze?
      • in der Praxis wird regelmäßig nur des Einkommens berücksichtigt. Nach 40 Abs. 3 StGB ist aber auch das Vermögen relevant.

     

    Wenn Geldstrafen nicht gezahlt werden, kommst du in Ersatzhaft und musst die Tagessätze absitzen. 90 Tagessätze = 90 Tage Gefängnis.

    [1] Siehe BGH NJW 1988, 1739.

    [2] BGH NJW 1995, 2643.

Polizeiliche Maßnahmen während und nach der Aktion

Hier ist eine gute Vorbereitung wichtig, da in der unübersichtlichen, dynamischen Situation der Blockade sehr schnell Entscheidungen getroffen werden müssen. Also informiert euch vorher gut, sprecht mit eurer Bezugsgruppen über zu erwartende Situationen und Reaktionen.

Auf die Blockade-Situation werdet ihr auch in den weiteren Aktionstrainings vorbereitet.

 

Immer bei allem Widerspruch einlegen – schon aus Prinzip. Außerdem eröffnet das manchmal Wege wie Polizeimaßnahmen später angegriffen werden können. Und es ist kaum Aufwand für dich.

Versammlungsrecht

Unsere Straßenblockaden sind Versammlungen, die durch Art.8 GG geschützt sind. Das Grundgesetz hat unter den Gesetzen den höchsten Rang und Eingriffe in die Versammlungsfreiheit müssen deshalb gut begründet und gegen das Recht auf Versammlungsfreiheit abgewogen werden.

Versammlungsgesetze sind in den verschiedenen Bundesländern unterschiedlich. In manchen ist z.B. das Leiten einer unangemeldeten Versammlung eine Ordnungswidrigkeit, in anderen eine Straftat.

Nicht-Anmeldung

In der Regel werden die Straßenblockaden der Letzten Generation unangemeldete Versammlungen sein, da eine vorherige Anmeldung wahrscheinlich dazu führen würde, dass die Versammlung woanders hin verlegt wird und wir daran gehindert werden an dieser Stelle auf die Straße zu gehen, weil die Polizei und das Ordnungsamt die Störung vermeiden wollen.

Nur weil die Versammlung nicht angemeldet ist, ist sie aber nicht illegal. Die Leitung der Versammlung macht sich schlicht einer OWi (bzw. Straftat) schuldig die Versammlung nicht rechtzeitig angezeigt zu haben.

Wenn die Polizei allerdings in der Versammlung eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung sieht, kann sie die Versammlung auflösen. Wer sich dann nicht entfernt begeht eine OWi (§ 29 I Nr. 2 VersG (des Bundes)).

Auflösung

Die Auflösung ist ein Verwaltungsakt (VA), der nur rechtmäßig ist, wenn von der Versammlung eine Gefährdung f. d. öffentliche Sicherheit/Ordnung od. gleichwertiger Rechtsgüter ausgeht UND die Auflösung notwendig ist, die Gefahr abzuwenden (1 BvR 88/91 Rn. 52).

  • Versammlungsauflösung muss allen verständlich sein (VG Braunschweig 5 A 685/05 „2.”)
    • keine formalen Anforderungen, aber i.d.R. erfolgen 3 Durchsagen vor Räumung o.Ä.

Platzverweis

Häufig spricht die Polizei Platzverweise aus. Damit will die Polizei verhindern, dass ihr sofort wieder auf die Straße geht.

Manchmal spricht die Polizei auch längere Aufenthaltsverbote aus, die Präventiv die Begehung von Straftaten in einem bestimmten Gebiet vorbeugen soll.

Beispiel: Polizeigesetz Berlin

Gegen Platzverweise und Aufenthaltsverbote kann Widerspruch eingelegt werden.

Es kann strategisch auch gut sein Platzverweise zu brechen und dann in Gewahrsam zu kommen, weil so die Repression durch den Staat offenbar wird und sich die öffentliche Meinung gegen ihn wenden kann.

Räumung (Vollstreckung der erfolglosen Auflösung)

Eine Räumung erfordert den Einsatz von Zwangsmitteln.

Die Räumungs-/Vollstreckungskosten können dem Vollstreckungsschuldner in Rechnung gestellt werden

            -> Vollstreckungsschuldner ist der, gegen den s. Vollstreckung richtet (siehe auch §253 AO)

                        -> wenn keine rechtmäßige Auflösung, müssen Kosten nicht bezahlt werden!

Das heißt: wenn die Polizei deine angeklebten Hände von der Straße löst und dich dann wegträgt, kann sie dir den Einsatz dann in Rechnung stellen.

—- Abschließende Einschätzung hierzu wird noch eingeholt —-

Kann man sich Zwangsgeld oder Ersatzzwangsstrafe aussuchen?

  • nein, die Haft ist subsidiär gegenüber dem Zwangsgeld. Es muss erst die Pfändung versucht werden (oder aussichtslos sein), bevor auf Haft umgestellt werden kann.

Sicherstellung und Beschlagnahme

Sicherstellung wird oft als Oberbegriff verwendet, welcher dann auch die Beschlagnahme umfasst.

Sicherstellung ist die Herbeiführung öffentlich-rechtlichen „Gewahrsams einer Sache“. Eine Sicherstellung kann eine einfache Sicherstellung oder eine Beschlagnahme darstellen. Sie kann repressiven (Verfolgen von Straftaten und Owi’s) oder präventiven (Gefahrenabwehr) Charakter haben. Eine einfache Sicherstellung ist die freiwillige Übergabe (Gewahrsamsübergang) an den Staat, wenn Mensch die Sachen nicht freiwillig herausgeben will, werden sie beschlagnahmt.

Diese „formgebundene“ Sicherstellung zieht weitere Maßnahmen hinter sich (siehe §98 StPO).

(Im hessischen Polizeigesetz wird nicht zwischen Beschlagnahme und Sicherstelllung

unterschieden, sondern freiwillige und zwangsvolle Ingewahrsamnahme von Gegenständen werden beide unter dem Begriff Sicherstellung geregelt. Du hast das Recht auf ein Sicherstellungs-/BeschlagnahmeProtokoll! Die sind wichtig, sonst ist es sehr schwierig die Sachen zurück zu bekommen.

Die Polizei kann nach §40 HSOG Sachen sicherstellen

  • zur Abwehr gegenwärtiger Gefahr
  • zum Schutz vor Beschädigung oder Verlust einer Sache
  • von Personen in Gewahrsam, wenn die Sache geeignet ist Personen oder Dinge zu verletzen, schädigen, töten
  • zur Flucht zu helfen
  • wenn die Annahme besteht, dass eine Sache zur Begehung einer Straftat oder Owi verwendet werden soll

Nach §94 StPO können Sachen zwecks Sicherung des Strafverfahrens gegen Beweisverlust

sichergestellt werden. Nach §98 StPO dürfen Dinge nur durch richterlichen Beschluss beschlagnahmt werden, außer bei Gefahr in Verzug. Ist letzteres der Fall muss die richterliche Entscheidung binnen drei Tagen, bei Widerspruch des Betroffenen, nachgeholt werden.

Wie lange?

  • (Nach §42 HSOG Sicherstellung oder Beschlagnahmung von Sachen bis zu 1 Jahr.)

Nach §98 StPO Beschlagnahmung von Sachen nur nach richterlichem Entscheid, dann entweder solange die Ermittlungen andauern oder bis das Verfahren fertig ist.

Custody

Die Polizei kann euch aus verschiedenen Gründen in Gewahrsam nehmen.

Wenn ihr im Polizeikessel steht oder die Polizei euch nicht gehen lässt, dann seid ihr in Polizeigewahrsam. Die Polizei wird als Grund für gewöhnlich „Gefahrenabwehr“ anführen.

Manchmal werden sie euch mit zur Gefangenensammelstelle (GeSa) nehmen:

  • Weil ihr einen Platzverweis gebrochen habt -> zur Durchsetzung des Platzverweises
  • Sie wollen Anschlussgewahrsam prüfen, um präventiv die Begehung weiterer Straftaten zu verhindern.
  • Oder sie wollen eine erkennungsdienstliche Behandlung (ED-Behandlung) durchführen und eure Fingerabdrücke und Fotos haben (meist auch zur „Gefahrenabwehr“)

Prüfung des Anschlussgewahrsams vor Haftrichter*innen:

  • Hier keine Aussagen zur Sache machen! Die Sache wird hier nicht verhandelt, also musst du dich auch nicht inhaltlich verteidigen. Das kommt dann erst im Strafverfahren. Hier geht es erstmal nur darum, ob eine Wiederholungsgefahr besteht.
  • In Berlin darfst du Präventiv bis 24Uhr des Folgetages festgehalten werden. Also fragt die*der Richter*in dich, ob du während dieser Zeit wieder auf die Straße gehen würdest. Wenn du klar sagst, dass du das tun wirst, wirst du wahrscheinlich dabehalten. Wenn du glaubhaft machen kannst, dass du nicht innerhalb dieses Zeitraumes auf die Straße gehst, lassen sie dich wahrscheinlich gehen. Hier hat das Gericht aber viel Spielraum und entscheidet oft willkürlich.
  • Also sei mental vorbereitet auf längeren Gewahrsam und mache keine Angaben zur Sache.
  • Wie kann ich sichergehen, dass ich am Tag nach der Blockade einen wichtigen Termin wahrnehmen kann?  -> kannst du nicht!
    • Du kannst bis maximal 24h des Folgetages in der Gesa festgehalten werden. (in Berlin – woanders kann es länger sein) Da Identitäten angegeben werden ist das unwahrscheinlich (besonders beim ersten Mal), kann aber nicht ausgeschlossen werden!
    • GeSa Zeiten können nicht von vornehinein vorausgesagt werden. Die Polizei hat dabei viel Spielraum.

Als Unterbindungsgewahrsam, Präventivgewahrsam, Präventivhaft oder auch Präventionshaft wird im Polizeirecht der deutschen Länder die Gefangennahme einer Person bezeichnet. Er bezweckt die Verhütung von Straftaten oder Ordnungswidrigkeiten von erheblicher Bedeutung oder deren Fortsetzung. Eine derartige präventive Entziehung der körperlichen Freiheit unterliegt verfassungsrechtlich hohen Anforderungen an die Verhältnismäßigkeit. Die Ermächtigungsgrundlage hierfür ist meist in den Polizeigesetzen der Länder zu finden. Voraussetzung ist immer, dass die Beeinträchtigung des Rechtsgutes nicht auf mildere Weise verhindert werden kann. Während die polizeiliche Ingewahrsamnahme spätestens zum Ablauf des folgenden Tages enden muss (so bereits Art. 104 Abs. 2 und 3 GG), kann ein Richter eine Verlängerung anordnen. 

Begründet wird Unterbindungsgewahrsam allgemein damit, dass durch ihre Gefangennahme die betroffene Person daran gehindert werde, eine Ordnungswidrigkeit von erheblicher Bedeutung oder eine Straftat zu begehen oder fortzusetzen. In Bayern ist darüber hinaus eine Ingewahrsamnahme seit 1. August 2017 auch schon zur Abwehr einer (konkreten) Gefahr für ein bedeutendes Rechtsgut zulässig. Aus verfassungsrechtlichen Gründen wurden vor allem wegen diesem Punkt eine Vielzahl an Klagen gegen das Polizeiaufgabengesetz (Bayern) eingereicht, zumal gleichzeitig die bisherige Höchstdauer von zwei Wochen abgeschafft worden war. Über die Klagen wurde bisher noch nicht entschieden. Jedoch führte der Bayerische Landtag zum 1. August 2021 eine Befristung auf zwei Monate ein.

Die genaue Ausgestaltung insbesondere der Höchstdauer des Gewahrsams ist in den einzelnen Ländern unterschiedlich:

BUNDESLANDPARAGRAPHHÖCHSTDAUERGEWAHRSAMSZWECK
Baden-Württemberg§ 33 PolG14 TageVerhinderung einer unmittelbar bevorstehenden erheblichen Störung der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung
BayernArt. 17–20 PAG2 Monate[4]Abwehr einer Gefahr für ein bedeutendes Rechtsgut; Verhinderung einer unmittelbar bevorstehenden Begehung oder Fortsetzung einer Ordnungswidrigkeit von erheblicher Bedeutung für die Allgemeinheit oder einer Straftat
Berlin§§ 30, 31, 33 ASOG4 TageVerhinderung einer unmittelbar bevorstehenden Begehung oder Fortsetzung einer Ordnungswidrigkeit von erheblicher Bedeutung für die Allgemeinheit oder einer Straftat
Brandenburg§ 20 (1) BbgPolG4 TageVerhinderung einer unmittelbar bevorstehenden Begehung oder Fortsetzung einer Straftat oder einer Ordnungswidrigkeit, die hinsichtlich ihrer Art und Dauer geeignet ist, den Rechtsfrieden nachhaltig zu beeinträchtigen
Bremen§ 13-16 BremPolG4 Tage[5]Verhinderung der unmittelbar bevorstehenden Begehung oder Fortsetzung einer Straftat oder einer Ordnungswidrigkeit von erheblicher Gefahr
Hamburg§ 13c SOG10 TageVerhinderung einer unmittelbar bevorstehenden Begehung oder Fortsetzung einer Ordnungswidrigkeit von erheblicher Bedeutung für die Allgemeinheit oder einer Straftat
Hesse§ 35 HSOG6 TageVerhinderung einer unmittelbar bevorstehenden Begehung oder Fortsetzung einer Straftat oder einer Ordnungswidrigkeit mit erheblicher Bedeutung für die Allgemeinheit
Mecklenburg-Vorpommern§ 56 (5) SOG10 TageAbwehr einer gegenwärtigen Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung; Verhinderung einer unmittelbar bevorstehende Begehung oder Fortsetzung einer Straftat
Niedersachsen§§ 18, 19, 21 NPOG10 Tage Verhinderung einer unmittelbar bevorstehenden Begehung oder Fortsetzung einer Straftat oder einer Ordnungswidrigkeit von erheblicher Gefahr für die Allgemeinheit
Nordrhein-Westfalen§ 35 Abs. 1 Nr. 2 PolG1 TagVerhinderung einer unmittelbar bevorstehenden Begehung oder Fortsetzung einer Straftat oder einer Ordnungswidrigkeit von erheblicher Bedeutung für die Allgemeinheit
Rheinland-Pfalz§§ 14, 15, 17 Abs. 2 POG7 TageVerhinderung einer unmittelbar bevorstehenden Begehung oder Fortsetzung einer Straftat oder einer Ordnungswidrigkeit von erheblicher Bedeutung
Saarland§ 16 SPolG8 TageVerhinderung einer unmittelbar bevorstehenden Begehung oder Fortsetzung einer Straftat oder einer Ordnungswidrigkeit von erheblicher Bedeutung für die Allgemeinheit
Sachsen§ 22 (7) SächsPolG14 TageVerhinderung einer unmittelbar bevorstehenden erheblichen Störung der öffentlichen Sicherheit
Sachsen-Anhalt§ 40 (1) SOG4 TageVerhinderung einer unmittelbar bevorstehenden Begehung oder Fortsetzung einer Straftat oder einer Ordnungswidrigkeit von erheblicher Bedeutung für die Allgemeinheit
Schleswig-Holstein§ 204 (5) LVwGunbekanntVerhinderung einer unmittelbar bevorstehenden Begehung oder Fortsetzung einer Straftat oder einer Ordnungswidrigkeit von erheblicher Bedeutung für die Allgemeinheit
Thüringen§ 22 PAG10 TageVerhinderung einer unmittelbar bevorstehende Begehung oder Fortsetzung einer Straftat oder einer Ordnungswidrigkeit von erheblicher Bedeutung

Erkennungsdienstliche Behandlung

Bei der erkennungsdienstlichen Behandlung (ED-Behandlung) ist zu unterscheiden zwischen § 81b 1. Alt. StPO (zur Durchführung eines Strafverfahrens) und § 81b 2. Alt. StPO (zum Zwecke des Erkennungsdienstes, d. h. als vorbeugende Maßnahme). Während die 1. Alternative auch gegen den Willen des Beschuldigten im Strafverfahren durchgeführt werden kann, weil die ED-Unterlagen für das aktuell vorliegende Verfahren erforderlich sind, beinhaltet die 2. Alternative einen sogenannten polizeipräventiven Charakter. Hier steht dem Beschuldigten ein vorheriges Anhörungsrecht sowie ein Widerspruchsrecht gegen die polizeiliche Anordnung zu, da es sich um Verwaltungshandeln handelt. Wenn die Behörde die sofortige Vollziehung anordnet, weil aus ihrer Sicht das öffentliche Interesse an der Erhebung der Daten das Interesse des Einzelnen am Schutz seines informationellen Selbstbestimmungsrechts überwiegt (§ 80 Abs. 2 Nr. 4 VwGO), dann kann der Beschuldigte die aufschiebende Wirkung seiner Rechtsmittel nur vor Gericht (§ 80 Abs. 5 S. 1 und 2 VwGO) wiederherstellen. Die ED-Behandlung nach § 81b 2. Alt. StPO (zum Zwecke des Erkennungsdienstes) setzt eine entsprechende Prognose voraus, wonach die Gefahr besteht, dass der Beschuldigte weitere (nicht notwendigerweise dieselben) Straftaten begeht und die Aufklärung dieser künftigen Taten durch die erkennungsdienstlichen Unterlagen erleichtert werden wird.

Erkennungsdienstliche Daten, die aufgrund der ersten Alternative des § 81b StPO gewonnen wurden, dürfen nicht länger gespeichert werden als für die Aufklärung der Straftat nötig. Fällt der Zweck – die Strafverfolgung – weg, weil etwa das Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft abgeschlossen ist, sind die erkennungsdienstlichen Daten wieder zu löschen. Ganz anders kann die Polizei mit Daten verfahren, die gemäß der zweiten Alternative beim Beschuldigten erhoben wurden. Diese können auf unbestimmte Dauer gespeichert werden, auch dann noch, wenn der Beschuldigte seinen Status längst verloren hat, durch Einstellung des Ermittlungsverfahrens etwa oder durch Freispruch. 

  • Die Polizei in Deutschland sammelt gerne Daten.
  • ED-Daten werden oft in der Bundesweiten Datenbank INPOL gespeichert, die alle Polizeidienste der Länder einsehen können. Ein solcher Eintrag in INPOL brandmarkt dich in gewisser Weise als „Gefährder*in“, selbst, wenn dir dieses Label nie offiziell gegeben wurde, da andere Polizeistellen sehen: Aha! Die Polizei hat diese Person schon einmal als so gefährlich eingeschätzt, dass sie ED-behandelt hat! Dann sollte ich jetzt auch besonders gründlich mit dieser Person umgehen!
  • Das ist natürlich Mist und in seinen tatsächlichen Auswirkungen total unverhältnismäßig! Deshalb wollen wir versuchen so oft wie möglich ED-Behandlungen zu vermeiden -> also wenn ihr nur vorgeladen werdet und nicht in Gewahrsam direkt ED-behandelt wurdet, meldet euch beim Legal Team! Wir können euch helfen Widerspruch einzulegen und versuchen die ED-Behandlung zu vermeiden.
  • Wenn ihr schon ED-Behandelt wurdet macht es regelmäßig erst nach Abschluss des Strafverfahrens Sinn die Löschung zu beantragen. Möglicherweise müsst ihr auch 10 Jahre bis zur Löschung warten.

Tipps und Infos zu Polizeidatenbanken und ED-Behandlungen findet ihr hier: https://www.polizeidatenbanken.de

Nach den Aktionen

Wenn Personalien angegeben wurden, kommt dann nach einiger Zeit Post (von der Polizei).

Zum Beispiel: Anhörungsbögen und polizeiliche Vorladungen. 

  • nichts sagen, nicht hingehen.

Was passiert, wenn die Polizei dann „ausermittelt“ hat und es an die Staatsanwaltschaft abgibt? 

Hier vier Möglichkeiten:

  1. a) ist nix dran –> Einstellung
  2. b) ist zwar schon was passiert, aber das erste Mal, nicht so wild –> Einstellung gegen kleine Geldsumme (~200€)
  3. c) Strafbefehl -> dann kommt Post mit Geldstrafe

–> wenn da kein Widerspruch eingelegt wird, ist es rechtskräftig und du musst zahlen (2 Wochen Frist!!!)

–> bei Widerspruch kommt es dann entweder zur Einstellung oder zur Gerichtsverhandlung

  1. d) Anklage -> dann geht es direkt zum Gericht, es kommt der Gerichtstermin, …

–> Wichtig: Akteneinsicht beantragen, vorher auf gar keinen Fall äußern! Es ist nie zu spät, sich zu äußern (also dann in der mündl. Verhandlung!)

Was passiert, wenn vor dem Gerichtsurteil nochmal weitere gleiche Vergehen hinzukommen, zum Beispiel weitere Nötigungen?

Dann werden die oft einfach zur Anklageschrift hinzugefügt und das Gericht behandelt dann alles zusammen.

Was passiert, wenn vor der Verurteilung nochmal Vergehen hinzukommen, die aber nicht mehr im gleichen Prozess sind? 

Dann gibt es einen Extraprozess. Die Strafe, die aber hinterher bei beiden Prozessen zusammengenommen bei rumkommt, darf nicht größer sein als die, die man bekäme, würde man für alles auf einmal verurteilt werden.

Minderjährige

Wenn du jünger als 18 Jahre bist, giltst du als minderjährig. Falls jemand anderes als deine Eltern das Sorgerecht für dich hat, gilt alles, was hier steht, für diese Person.

Vor der Aktion

Es ist sinnvoll, bereits vor der Aktion zu organisieren, dass dich gegebenenfalls andere Leute auch wieder von der Polizeistation oder dem Jugendamt abholen können und die Polizei dich nicht zu deinen Eltern zurück bringt, weil du ohne sie angetroffen wirst. Denn wenn du minderjährig bist, haben deine Eltern das Recht, deinen Aufenthaltsort festzulegen. Wenn die Polizei davon ausgeht, dass du ohne das Wissen deiner Eltern unterwegs bist, können sie dich in Gewahrsam nehmen, um dich zu deinen Eltern oder dem Jugendamt zu bringen (sogenannter  Obhutsgewahrsam  gem. §32 Abs. 2 HSOG). Wahrscheinlich probieren sie es zuerst bei deinen Eltern. Du kannst einen Aufenthalt auf der Polizeiwache aus diesem Grund ausschließen, wenn du eine schriftliche Erlaubnis deiner Eltern, an den Protesten teilzunehmen, dabei hast. Wenn du dich mit deinen Eltern einigermaßen gut verstehst, bitte sie am besten dir ein Schreiben etwa wie folgt aufzusetzen und zu unterschreiben:

(Das Schreiben muss von allen Erziehungsberechtigen unterschrieben werden)

„Hiermit erlaube ich meinem Kind XY zwischen dem XX.XX.20XX und XX.XX.20XX an Protesten der Letzten Generation (in …) teilzunehmen. Im Fall einer Ingewahrsamnahme/Freiheitsentziehung darf mein Kind anschließend wieder in seine Unterkunft gehen oder gebracht werden.

Vollmacht: Frau/Herr/Person:XY Anschrift:XY ist von mir/uns legitimiert meinem/unserem Kind: Name, Anschrift, Geburtsdatum nach einer Fest- oder Ingewahrsamnahme im Zeitraum vom XX.XX.20XX bis XX.XX.20XX in Empfang zu nehmen und zu betreuen. Unterschrift(en) XY“

Bei der Vollmacht kannst du am besten eine Person, die volljährig ist und nicht direkt mit in die Aktion geht angeben. Zum Beispiel Gärtner*innen oder sonstige Supportis, die mit beim Aktionsort sind. Wenn deine Eltern das mitmachen und du keine solche Person direkt kennst, kannst du auch ein unterschriebenes Blanko-Formular mit bringen und dann wen vor der Aktion eintragen. Frag beim legal team nach Menschen, die sich das vorstellen können.

In Gewahrsam

Kinder (bis 13 Jahre) und Jugendliche (14 bis unter 18 Jahre) dürfen in Gewahrsam genommen werden, wenn sie sich der Obhut der Sorgeberechtigten entzogen haben (§32 Abs.2), um sie den Sorgeberechtigten oder dem Jugendamt zuzuführen. In der Praxis heißt das meistens, dass die Polizei dich trotzdem erst mal mitnimmt. Irgendwann wird dann gefragt, wer noch minderjährig ist. Wenn du deine Personalien angibst, muss die Polizei versuchen deine Erziehungsberechtigen anzurufen, damit sie dich abholen. Ob du ihnen die Telefonnummer gibst und ob du darauf drängst, dass sie tatsächlich

benachrichtigt werden (was die Polizei oft doch nicht macht), ist natürlich deine Entscheidung.

Auch als minderjährige Person hast du ein Recht auf einen Anruf – du kannst also auch den EA anrufen und sagen, wo du dich befindest. Dann kann dich, wenn du vorher einen Abholschein (siehe vorherigen Abschnitt) von deinen Eltern hinterlassen hast, auch die bevollmächtigte Person mit diesem Zettel von der Polizeiwache abholen.

Es kann sein, dass die Polizei dich in eine Jugendeinrichtung bringt, wenn dich niemensch abholen kann. In einer solchen Einrichtung darfst du nicht eingesperrt werden. Du kannst also von dort einfach gehen, sobald die Polizei weg ist. In der Praxis gab es sehr unterschiedliche Erfahrungen, wie das mit dem einfach weggehen war: Teilweise einfach, aber manchmal wurden z.B. persönliche Sachen weggeschlossen oder das Abhauen ging erst am nächsten Morgen. Versuch von der Jugendeinrichtung oder der Polizeistation den EA anzurufen mit der Adresse oder zumindest der Stadt der Einrichtung, damit der weiß, wo du eingesammelt werden kannst. Am besten hast du für den Notfall auch Bargeld dabei, damit du mit öffentlichen Verkehrsmitteln selbst wieder zur Unterkunft kommen kannst (manchmal bekommst du von der Einrichtung aber auch Geld für ein Ticket).

Es kann geschehen, dass dir die Polizei eine Straftat vorwirft. Das heißt auch, dass

es sein kann, dass die Polizei dich verhören will. Sie muss dich davor belehren, dass du die Aussage verweigern darfst (was du auch tun solltest). Da die Polizei sich oft nicht an Regeln hält, verlass dich nicht drauf, dass sie dich belehrt. Bei einer Vernehmung haben deine Eltern als gesetzliche Vertreter ein Anwesenheitsrecht bei polizeilichen Vernehmungen. Wenn du das möchtest, kannst du also darauf bestehen, dass du mit ihnen vorher telefonieren darfst. Unter 14jährige dürfen keinem Verhör unterzogen werden.

Auch Jugendliche können bei schwereren Vorwürfen und Fluchtgefahr in Untersuchungshaft genommen werden (siehe Kapitel 5.3) und landen dann in einem Jugendknast.

Das geht nicht bei Kindern (Schuldunfähigkeit des Kindes §20StPO) (also wenn du jünger bist als 14 Jahre) hierfür kannst du den §126a StPO einstweilige Unterbringung lesen.

Nach der Aktion (Jugendverfahren)

  • Vorladung bei der Polizei

Vorladungen zur Vernehmung bei der Polizei kommen bei Minderjährigen auch an die Eltern.

Die Eltern haben ein Anwesenheitsrecht bei polizeilichen Vernehmungen und werden deshalb von solchen Terminen informiert. Sie haben auch das Recht, Anträge im Verfahren zu stellen (§67 JGG), können also deine Strategien mitbestimmen.

Es ist wichtig, zu(er)klären, wie du in einem politischen Strafverfahren vorgehen willst und warum es sinnvoll und richtig ist, die Aussage zu verweigern. Setze dich und deine Eltern gerne in Verbindung mit dem Legalteam, um gemeinsam über die Strategie zu reden.

  • Gerichtsverfahren

Für ein Strafverfahren gibt es einige Besonderheiten für Jugendliche (unter 18 Jahren) und Heranwachsende (18-21 Jahre). Wenn du zwischen 18 und 21 Jahre alt bist, muss das Gericht gem. §105 JGG entscheiden, ob es nach Jugend- oder nach Erwachsenenstrafrecht vorgeht. Theoretisch hängt das davon ab, für wie reif euch das Gericht hält und ob das Gericht die vorgeworfene Straftat als jugendtypisch erachtet, praktisch wird meist erst mal Jugendrecht angewandt. Jugendrecht bedeutet zum einen, dass das Verfahren an deinem Wohnort und nicht am Tatort geführt wird. Zum anderen wird in der Regel bei Jugendlichen nicht öffentlich verhandelt. Bei Heranwachsenden ist die Verhandlung in der Regel öffentlich, es kann aber die Öffentlichkeit ausgeschlossen werden.

Das Gericht hat zudem einen Erziehungsauftrag, das heißt, dass neben Moralpredigten auch andere Strafen verhängt werden können, z.B. das Schreiben eines Aufsatzes, bestimmte Orte nicht mehr aufzusuchen, Sozialstunden abzuleisten, ein Anti-Gewalt-Training zu besuchen oder ähnliches.

Jugendliche sind zwar ab 14 strafmündig und verurteilbar, aber nicht voll geschäftsfähig. Du kannst selbst keine Verträge abschließen. Die Beauftragung von Anwältis läuft deshalb über deine Erziehungs­berechtigten.

Jugendgerichtshilfe

Die Jugendgerichtshilfe ist noch eine Besonderheit, die aus dem Erziehungsauftrag resultiert: Sie schaltet sich ein, sobald ein Verfahren bei der Staatsanwaltschaft liegt und versucht dann Kontakt zu dir aufzunehmen. Sie soll das Gericht dabei unterstützen und ihm helfen zu beurteilen, welche Strafe bei dir angemessen wäre. Die Jugendgerichtshilfe gibt über alle Gespräche mit dir dem Gericht Auskunft. Du bist nicht verpflichtet mit ihr zu sprechen. Auch hier solltest du sehr vorsichtig sein, keine Aussagen zu machen, die andere oder dich selbst belasten könnten, oder der Polizei zusätzliche Informationen geben.

Kann man als Schüler eine Eintragung ins Erziehungsregister bekommen? Was sind die Auswirkungen?

  • 60 BZRG
    • Das Erziehungsregister ist Teil des Bundeszentralregisters, das Entscheidungen und Anordnungen gegen eine Person nach dem Jugendstrafrecht enthält.
    • In das Erziehungsregister werden die folgenden Entscheidungen und Anordnungen eingetragen:
      • Maßnahmen nach § 3 JGG,
      • Freispruch wegen mangelnder Reife und die Einstellung des Verfahrens aus diesem Grund,
      • Anordnung von Erziehungsmaßregeln oder Zuchtmitteln (§ 9 bis 16 JGG),
      • Entscheidungen des Familien- und Betreuungsgerichts nach §§ 1666 Abs. 1, 1666a, sowie § 1837 Abs. 4 BGB
      • Absehen der Verfolgung nach § 45 JGG (Voraussetzungen nach § 153 StPO erfüllt)
      • Einstellung des Verfahrens durch den Richter.
    • Auskunftsberechtigt sind die Strafgerichte, Staatsanwaltschaften, die Behörden des Justizvollzugs, die Familien- und Vormundschaftsgerichte, die mit der Sorge um die Person betraut sind, die Jugendämter, die für die Erteilung von Waffen- und Sprengstofferlaubnissen zuständigen Behörden sowie die Gnadenbehörden.
  • Sämtliche Eintragungen werden mit der Vollendung des 24. Lebensjahrs entfernt, wenn keine Freiheits-, Jugendstrafe oder ein Strafarrest in das Zentralregister eingetragen ist. Eintragungen in das Erziehungsregister müssen nicht offenbart werden.
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